Die Daten konsequent nutzen

Interview mit Michael Heidemann

Stellv. Vorsitzender der Zeppelin-Konzern-Geschäftsführung und Aufsichtsratsvorsitzender von Zeppelin Baumaschinen und Zeppelin Rental

Exzellent: Die Vernetzung von Baumaschinen ist ein Top-Thema in der Branche. Zeppelin hat mit ZLAB eine eigene Abteilung hierfür gegründet. Wie ist der Stand im Jahr 2019 in Deutschland auf der Hersteller- und wie auf der Betreiberseite?

Heidemann: Wir haben mit ZLAB eine eigene Strategische Geschäftseinheit gegründet, in der wir alle Aktivitäten rund um das Thema Digitalisierung bündeln. Wir versuchen hier auf der einen Seite ganz neue, digitale Geschäftsmodelle entstehen zu lassen. Eines davon ist klickrent, eine herstellerunabhängige Miet-Plattform, auf der unsere eigenen Mietmaschinen, aber auch die anderer Hersteller und Händler zu sehen sind. Auf der anderen Seite hat ZLAB aber auch innerhalb des Zeppelin-Konzerns die Aufgabe, die digitale Transformation des bestehenden Geschäftes zu begleiten, also als interner Dienstleister die entsprechenden Shops, Auftritte etc. der anderen fünf Zeppelin Geschäftseinheiten zu etablieren.

Michael Heidemann

Exzellent: Wie groß ist das digitale Angebot von Zeppelin und wie stark wird es von der Betreiberseite angenommen?

Heidemann: Im Moment ist das Angebot größer als die Nachfrage. Was gut angenommen wird, sind zum einen Maschinenflotten-Managementsysteme. So bieten wir unseren Kunden zum Beispiel an, alle vorhandenen Caterpillar-Maschinen kostenlos mit Product-Link nachzurüsten. Auch Maschinen anderer Hersteller können zu einem sehr attraktiven Angebotspreis mit ins das Caterpillar Flottenmanagement aufgenommen werden. Sehr gut an kommt auch das Zeppelin-Kundenportal. Dort haben unsere Kunden die Möglichkeit, Ersatzteile, Komponenten, Baugeräte usw. online zu kaufen. Rund ein Drittel der Ersatzteile, die der Kunde selbst einbaut, werden bereits über unseren Online- Shop bestellt und die Akzeptanz wächst täglich. Die Online-Miete, wobei man Baumaschinen, Container und anderes Bau-Equipment selbst konfigurieren kann und sofort weiß, ob es verfügbar ist, wird noch recht wenig genutzt. Hier bevorzugt der Kunde noch den persönlichen Kontakt zur nächsten Zeppelin Mietstation.

Exzellent: Wie hoch schätzen Sie den Optimierungsgrad für Bauunternehmen u. a. durch Vernetzung ein. Und gilt dies für alle Firmen?

Heidemann: Bei Automatisierungs- oder Assistenzsystemen, die aber eher autarke Systeme sind, kann man von 40% oder mehr sprechen. Bei Vernetzungssystemen sind meiner Meinung nach bis zu 20% möglich, wenn man die Daten konsequent nutzt und daraus die richtigen Schlüsse zieht. Also zum Beispiel wenn eine Maschine den Tag über 60% im Leerlauf arbeitet, dann muss man der Sache auf den Grund gehen. Es kann dann zum Beispiel sein, dass das Verhältnis von Baumaschinen und Transportfahrzeugen auf der Baustelle nicht stimmt. Das Entscheidende ist, die Daten, die das Flottenmanagement liefert, auszuwerten und die notwendigen Veränderungen auch umzusetzen. Wenn man das tut, zeigt sich erhebliches Optimierungspotenzial.

Exzellent: Ist diese Vernetzung für Unternehmen aller Art, auch mittlere und kleine, interessant?

Heidemann: Ich meine ja. Natürlich, je größer die Flotte, desto nützlicher. Aber auch bei zwei oder drei Maschinen kann die Auswertung von Daten wie Kraftstoffverbrauch, Leerlaufzeiten usw. von großem Nutzen sein.

Exzellent: Wie sehen Sie die Zukunft von kleinen und mittleren Bauunternehmen in Deutschland?

Heidemann: Ich glaube, die werden gebraucht und zwar mehr denn je. Zum einen für kleinere Baustellen, die deutlich zunehmen aber auch als Sub-oder Nachunternehmer, wenn es um schnelles und flexibles Bauen mit hoher Qualität geht.

Exzellent: Die Automatisierung von Baumaschinen findet schon seit einiger Zeit statt. Der Bagger kann Allzweckmaschine sein. Wie sieht die Zukunft der Automatisierung von Baumaschinen aus.

Heidemann: Nun, wir stellen gerade die „Next-Gen“ der Caterpillar Kettenbagger vor, die umfangreich mit Assistenzsystemen ausgestattet sind. Beispielsweise gibt es da eingebaute Waagen, Hub- und Schwenkbegrenzungen und vieles mehr. Ich glaube, dass das in den nächsten Jahren zunehmen wird. Allerdings – bis wir zu einer autonom arbeitenden Baumaschine kommen werden, könnten noch 10 oder 15 Jahre vergehen. Und dann wahrscheinlich weniger für die Baustelle, sondern als erstes für kontinuierliche Arbeitsgänge, wie in einer Kiesgrube, einem Steinbruch, einem Zementwerk usw. Bei vielfältigen und permanent wechselnden Einsätzen einer Baumaschine, mit wechselnden Anbaugeräten, dürfte noch mehr Zeit vergehen, falls es denn überhaupt Sinn macht.

Exzellent: Die Baustelle voller automatisierter und vernetzter Baumaschinen – wird das Realität werden?

Heidemann: Ich glaube, ja. Aber wann das soweit sein wird, vermag ich nicht einzuschätzen. Es wird ohnehin eher ein kontinuierlicher Prozess sein.

Exzellent: Es gibt viele Möglichkeiten und Quellen, um Ideen zu sammeln. Welche Möglichkeiten nutzt Zeppelin?

Heidemann: Wir sind sehr erfolgreich, indem wir einmal im Jahr einen Strategieaufruf an unsere Führungskräfte machen. Wir bitten, über einen sogenannten Nightmare Competitor (Alptraum-Mitbewerber) nachzudenken. So ist zum Beispiel klickrent entstanden. Die Frage hierbei war, was ist, wenn ein Wettbewerber auftaucht, der Mietmaschinen anbietet, ohne eigene zu besitzen? Bei diesem Aufruf ist alles erlaubt. Und natürlich kommen da auch manchmal sehr verrückte Ideen hervor, aber eben auch sehr nützliche.

Exzellent: Die Diskussion um Dieselmotoren ist irrational geworden. Warum vertritt sich die herstellende Industrie so schwach, dass für Betreiber essentielle Probleme entstehen?

Heidemann: Ich glaube, dass im Moment in der Öffentlichkeit ganz viel vermischt wird. Auf der einen Seite ist da der Betrugsfall einiger Automobilhersteller. Auf der anderen Seite das grundsätzliche Vorgehen gegen Verbrennungsmotoren – Benzin, Diesel und Gas – einiger Umweltlobbyisten, die eine gewaltige negative Atmosphäre gegen Motoren geschaffen hat. Für die Amerikaner, die es bei ihren Personenkraftwagen nie geschafft haben, gute Dieselmotoren zu konstruieren, war das quasi ein Geschenk, um den Dieselmotor in PKWs aus dem Land zu verbannen und stattdessen wieder den Benziner zu bevorzugen. Ich meine, dass der moderne Dieselmotor zu Unrecht am Pranger steht. Ich würde mir wünschen, dass man wieder zu einer sachlichen Diskussion zurückkäme.

Exzellent: Welche Antriebskonzepte bei Arbeitsmaschinen werden die der Zukunft bei Baumaschinen sein?

Heidemann: Sollte es eines Tages Batteriesysteme geben, die einen zumindest einschichtigen Betrieb ermöglichen und gleichzeitig bezahlbar sind, dann kann ich mir vorstellen, dass wir diese auch einsetzen. Wir werden auf der bauma Bagger und Radlader mit Elektroantrieb zeigen. Wir wollen zeigen, dass das technisch geht, aber die Modelle sind noch relativ teuer. Es wird im Moment diskutiert, ob Gasmotoren eine Alternative sein können. In der Rohstoffgewinnung gibt es bereits Caterpillar Muldenkipper, die komplett auf Gasantrieb umgestellt wurden. Für Kreuzfahrtschiffe liefern wir bereits reine Gasantriebe, die den bisherigen Betrieb mit Schweröl bzw. Diesel ablösen. Es stellt sich auch die Frage, ob irgendwann Wasserstoff eine Alternative sein könnte. Ob es in Zukunft eine oder verschiedene alternative Antriebsarten geben wird, ist im Moment noch nicht abzusehen.

Exzellent: Zeppelin ist stark bei Standard-Baumaschinen. Werden sie in Zukunft den Kunden auch die Möglichkeit bieten, speziellere Baumaschinen von Zeppelin zu bekommen?

Heidemann: Wir bieten unseren Kunden bereits seit einigen Jahren eine große Auswahl an Sonderlösungen, dafür haben wir eine Customizing Abteilung gegründet. Dort nehmen wir die Sonderwünsche unserer Kunden auf und bieten sie dann auch in Kleinserien an. Ein gutes Beispiel dafür ist unser neuer Zweiwegebagger. Daran haben wir lange gearbeitet, um einen Caterpillar Zweiwegebagger anbieten zu können. Gefertigt wird er im Auftrag von Caterpillar in Frankreich bei einem Hersteller, der sich auf kleinere Serien spezialisiert hat. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass wir in Zukunft noch mehr in dieser Richtung arbeiten werden. Caterpillar unterstützt uns dabei sehr und lässt uns auch freie Hand. Letztlich ist die Wirtschaftlichkeit und die Zufriedenheit unserer Kunden entscheidend.

Exzellent: Was werden sie zur bauma an neuer Technik zeigen?

Heidemann: Wir werden viele Neuigkeiten vorstellen. Erwähnen möchte ich, dass Caterpillar für viele Produkte drei Modellvarianten anbieten wird. Ein „GC“ Einstiegsmodell, das bewährte Cat Premiumprodukt und die High-End-Variante mit der Bezeichnung „XE“. Dieses Konzept ist neu und das macht es möglich, dass für jeden Bedarf und jedes Budget ein echter Caterpillar zur Verfügung steht. Und wir werden eine ganz neue Minibagger-Familie von Caterpillar präsentieren. Mehr möchte ich an dieser Stelle noch nicht verraten.

Exzellent: Der Zeppelin Konzern hat im Moment sechs Geschäftseinheiten. Wohin soll sich der Zeppelin Konzern entwickeln?

Heidemann: Wir haben fünf operative Geschäftseinheiten und ZLAB. Dabei wird es zunächst bleiben. Aber innerhalb der Einheiten wollen wir weiter wachsen. Also zum Beispiel diskutieren wir die Frage, ob wir weitere Gebiete erschließen oder wie wir in der CIS weiter wachsen können. Und wir werden unsere marktführende Position in der Vermietung auch weiter ausbauen.