Die Wasserstraßenzukunft mitgestalten – Gespräch

Seit einem Jahr ist Kerstin Metzner Vorsitzende des IWSV – Bamberger Positionen werden bundesweit diskutiert – Zukunft mit Qualität schaffen

 

 Seit einem Jahr ist Kerstin Metzner Bundesvorsitzende des Ingenieurverbandes Wasser- und Schifffahrtsverwaltung e.V. (IWSV). Sie hat diese Aufgabe in einer Zeit großer und voraussichtlich umwälzender Bewegungen und Neuorganisationen der Wasser- und Schifffahrtsstraßenverwaltung (WSV) übernommen.

Dipl.-Ing. Kerstin Metzner, Bundesvorsitzende des IWSV (Ingenieurverband Wasser- und Schifffahrtsverwaltung e. V.)

Dipl.-Ing. Kerstin Metzner, Bundesvorsitzende des IWSV (Ingenieurverband Wasser- und Schifffahrtsverwaltung e. V.)

Der Vorteil allerdings war und ist, dass sie schon längere Zeit mit dem ehemaligen Vorsitzenden Paul Schmidtke als Stellvertretende Vorsitzende zusammengearbeitet hat. So war sie immer im Informationsfluss und in die Arbeit involviert – eine wichtige Basis, um den IWSV auf dem richtigen Kurs zu halten. So hat sich Metzner Stabilität, Kontinuität und Mitgestaltung der Bedingungen auf die Fahnen geschrieben. „Wenn die Hülle bröckelt, muss das Innere stabil bleiben. Deshalb werden wir unsere grundsätzlichen Ziele konsequent weiterverfolgen. Dazu gehören auch unsere Bamberger Positionen, in denen wir uns mit den Bedingungen und Zielen der WSV-Reform beschäftigen und konstruktiv bei deren Gestaltung einbringen“, sagt Metzner.

Berufsständischer Verband

Der IWSV ist ein berufsständischer Verband. Wie letztlich alles im Berufsleben, ändern sich die Bedingungen und dadurch auch die Aufgaben. In der WSV hat sich in den letzten zehn Jahren manches bewegt. So nehmen die rechtlichen, sprich vertraglichen, Aufgaben im Rahmen von Ausschreibungen oder Auftragsvergaben immer mehr Raum ein. Die technischen Belange, die für Ingenieure eigentlich die Hauptaufgabe sein sollten, treten in den Hintergrund. „Eine ungute Entwicklung“, wie Metzner anmerkt. Wie in weiten Bereichen der Baubranche ist auch hier aus einem vor zehn Jahren wenige Seiten umfassenden Vertrag für eine Bauaufgabe mittlerweile ein viele Seiten starkes Werk geworden. Die rechtliche Absicherung hat sich in gewaltigen Schritten Raum verschafft. Für die WSV bedeutet das, dass die Privatisierung von Ausschreibungen, d. h. die Vergabe dieser Aufgaben an Ingenieurbüros, zugenommen hat. Ob das ein Weg mit Zukunft ist und tatsächlich die beste Lösung – an dieser Stelle setzt Metzner ein großes Fragezeichen.

Vorschläge zur WSV-Reform

Um einen guten Weg vorzuzeichnen, hat sich der IWSV intensiv mit der WSV-Reform auseinandergesetzt und mit seinen Bamberger Positionen (siehe Kasten) interessante und diskussionswürdige Anregungen geschaffen. „Wir sind durchaus stolz darauf, dass unsere Gedanken und Vorschläge von den Parteien aufgegriffen wurden und mittlerweile auch im Bundestag diskutiert werden“, sagt Metzner. Metzner_IWSVDies, nämlich die Vertretung der Ingenieure und die Gestaltung der Zukunft, wie beispielsweise auch Personalentwicklung und -gewinnung, sind Aufgaben, die sich der IWSV auf die Fahnen geschrieben hat. Er ist Gemeinschaft für die Ingenieure der WSV und aller Branchen, die in diesem Bereich aktiv sind. Wie eine große Wolke schwebt die Reform über der Wasser- und Schifffahrtsstraßenverwaltung. Ob es eine drohende wird, ist letztlich noch nicht abzusehen. Unbestritten ist, dass die Reform, die seit drei  Jahren diskutiert wird und in ersten Schritten auch begonnen wurde, eine gewisse Lähmung der WSV zur Folge hatte. Eine weitere Folge war die Abwanderung von Ingenieuren, die die unsichere Perspektive in der WSV dazu brachte, sich neue Arbeitsplätze in anderen Bereichen der deutschen Wirtschaft zu suchen. Auch die Stellenzahl in der WSV sank zunächst. Dieser Vorgang ist mittlerweile gestoppt worden. Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im BMVI, hat angemerkt, dass zurzeit etwa 500 Ingenieure in der WSV fehlen. Diese Stellen sollen perspektivisch besetzt werden. Stand der Entwicklung jedoch ist, dass abzuwarten bleibt, wann wirkliche Klarheit über die Ausgestaltung der WSV-Reform bestehen wird und wann sie abgeschlossen ist. „Ich gehe davon aus, dass die Reform erst nach 2020 abgeschlossen sein wird. Die neue Generaldirektion in Bonn, die als erste Einrichtung starten sollte, ist heute noch nicht voll funktionsfähig. Der gesamte Reformvorgang wird sich infolgedessen deutlich strecken“, sagt Metzner.

Zuverlässigkeit der Wasserstraßen steht in Frage

Basis aller Entwicklung ist letztlich politischer Wille und das Bereitstellen von finanziellen Mitteln. Fakt ist: Im Haushalt für den Wasserstraßenbau fehlt ein großer dreistelliger Millionenbetrag, jedes Jahr. Dass dies konkrete Folgen für die Infrastruktur Deutschlands hat, ist offensichtlich. Man kann es zurzeit am Beispiel des Nord-Ostsee-Kanals erleben. Die Schleusen sind sowohl in Brunsbüttel als auch in Kiel marode. Das ist letztlich eine Umschreibung dafür, dass man nicht mit einer 100-prozentigen Verfügbarkeit rechnen kann. Dies beinhaltet eine Verunsicherung für die Schifffahrt mit der Folge, dass immer öfter darüber nachgedacht wird, den Nord-Ostsee-Kanal zu meiden oder erst wieder zu nutzen, wenn tatsächlich sichere Schleusungsbedingungen vorhanden sind. „In absehbarer Zeit sind viele Anlagen an den Wasserstraßen in einem Zustand, der einen sicheren Abfluss und damit den Hochwasserschutz gefährdet. Dann ist man gezwungen, nicht nach verkehrstechnischer Notwendigkeit, sondern nach dem Gefährdungspotenzial zu investieren“, sagt Metzner. Dass damit die Attraktivität von Wasserstraßen als Verkehrsträger abnimmt, ist eine logische Schlussfolgerung. Wenn die Zuverlässigkeit nicht gewährleistet ist, kommt den Wasserstraßen eine immer geringere Wichtigkeit zu. So bleibt die Hoffnung, dass die Reform der WSV möglichst schnell und in ihrem Verlauf mit möglichst klaren Bedingungen umgesetzt wird. Denn für effiziente Wasserstraßen ist Kontinuität in Unterhaltung und Ausbau – und dies mit gut ausgebildetem Personal, das kontinuierlich seine Aufgaben versieht – eine wichtige, vor allen Dingen aber kostengünstige Voraussetzung.

Kontinuität spart Geld

Jede Vergabe bedarf etwa 30 Prozent der Zeit der Betreuung durch WSV-Ingenieure. Befristet man die Verträge der Ingenieure, so müssen die neuen Kollegen, die einen entsprechend neuen Vertrag erhalten, immer wieder neu eingearbeitet werden: Ein Kostenfaktor, der gewaltig zu Buche schlägt. Wenn ein Mitarbeiter kontinuierlich im Bereich der Wasserstraßen arbeitet, erhöht sich zudem die Effizienz durch das Wissen um Randbedingungen, Zustände und Veränderungen der Wasserstraßen im Fluss der Gezeiten sowie durch ein vorhandenes Netzwerk deutlich. Und Effizienz heißt letztlich auch, dass Kosten eingespart werden. Metzner hofft, dass sich die dunklen Wolken am WSV-Himmel alsbald auflösen werden, damit sich Ingenieure und Mitarbeiter ihren vielfältigen Aufgaben wieder mit Wissen und Begeisterung widmen können. Interessant sind die Aufgabenstellungen in der WSV, daran hat sich letztlich nichts geändert. In Zukunft, hofft sie, wird das auch so bleiben, weil die WSV-Reform auf gutem Niveau fortgeführt werden kann. Zumindest dann, wenn man sich mit dem wirklichen Bedarf, so wie er in den Bamberger Positionen des IWSV dargestellt wird, auseinandersetzt. Fakt ist, dass der IWSV als Verband wächst. Er hat zurzeit eine Größe von etwa 1.000 Mitgliedern. Und immer dort, wo konkrete Baumaßnahmen realisiert werden, gibt es auch neue Mitglieder. Und auch die Öffnung für Ingenieure, die nicht aus der WSV kommen, aber mit ihr zusammenarbeiten, zeigt sich als ein richtiges Mittel, um den IWSV wachsen zu lassen.