Alexander Dobrindt: Digitales Bauen als Zukunftsaufgabe

Digitalisierung kann zur Einhaltung von Zeit- und Kostenplänen bei Bauprojekten beitragen

Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr und Digitale Infrastruktur

Foto: BMVI

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Seit vielen Jahren planen und bauen Architektur- und Ingenieurbüros aus Deutschland erfolgreich Großprojekte – hier und in aller Welt. Sie werden gern auch für komplexeste Projekte und zur Behebung von Problemen gerufen. Mit im Gepäck haben diese Experten im Ausland nicht selten auch die Software „made in Germany“: Vierdimensionale Planungsinstrumente – das so genannte „Building Information Modeling“, kurz BIM. Damit wird die 3D-Computerzeichnung mit einer vierten Dimension ergänzt, einer großen Menge an Daten, so dass zum Beispiel die Auswirkungen einer Änderung in einem Bereich für alle anderen Bereiche – einschließlich Zeit- und Kostenplanung – sofort sichtbar werden. Und zwar nicht erst, wenn gebaut werden soll, sondern von Anfang an und für alle sichtbar.

Diese neue IT-gestützte Methode zur optimierten Planung ist etwa im Schiffs- oder Maschinenbau längst zum Standard geworden. Beim Bauen wird BIM dagegen hierzulande noch von zu wenigen Firmen und oft nur unternehmensintern eingesetzt.

Die Zukunft des Bauens hängt wie die aller anderen Wirtschaftsbereiche auch von der Digitalisierung ab. Wir brauchen eine neue, moderne, also digitale Planungskultur. BIM steht für eine Bauplanung, die weitaus mehr beinhaltet als ein dreidimensionales Gebäudemodell. Auch Informationen zum Material, dessen Lebensdauer, zur Schalldurchlässigkeit oder zum Brandschutz und vor allem zu den Kosten gehören in eine solche Datenbank. Damit besteht eine synchronisierte Datenbasis, auf die alle am Bau Beteiligten zugreifen können. BIM schafft damit vor allem auch Transparenz. Zeitpläne, Kosten und Risiken können früh und präzise ermittelt werden und werden automatisch an Veränderungen angepasst. Es hat damit das Potenzial, entscheidend zu Kosten- und Terminsicherheit beizutragen. BIM ist aber auch einer der Schlüssel für die Rückkehr einer neuen Kultur des Bauens in Deutschland. Durch die Arbeit in einem gemeinsamen Modell ist das partnerschaftliche Zusammenarbeiten der am Bau Beteiligten vorgegeben. Fehler werden durch die Visualisierung frühzeitig erkannt, Lösungen können sogar computergestützt angezeigt werden.

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Die Digitalisierung des Planens und Bauens wird auch von den Kommunen zunehmend genutzt. Digitale Stadtmodelle erobern die Städte.

Die vom BMVI ins Leben gerufene „Reformkommission Bau von Großprojekten“ hat sich deshalb dieses Themas angenommen. Vertreten sind in diesem Gremium mit Großprojekten vertraute Experten wie Bahnchef Rüdiger Grube, BDI-Präsident Ulrich Grillo oder Bundesrechnungshof-Vize Christian Ahrendt, daneben Bauexperten, Bauherren und Bauschaffende. Die Experten haben bestehende Hürden identifiziert und Lösungsvorschläge unterbreitet.

Wir sind uns mit der Bauindustrie, der Bauwirtschaft und den planenden Berufen einig: Wir wollen der Digitalisierung des Bauens in Deutschland einen Schub in Richtung deutlicher Effektivitätssteigerung geben. Nicht als Selbstzweck, sondern zur Optimierung von Bauprojekten. Die Bauwirtschaft ist ein wichtiger Faktor für den Wohlstand Deutschlands, sie sichert gute Arbeitsplätze. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die Branche im digitalen Wettrennen aufholt und sich digitale Innovationen durchsetzen, um auch international wettbewerbsfähig zu bleiben. Viele öffentliche Bauherren in unseren Nachbarländern – Dänemark, Holland, Norwegen und auch Großbritannien und die USA -machen bei der Vergabe ihrer Bauprojekte bereits heute BIM zur Voraussetzung.

Um die Digitalisierung des Bauens voran zu bringen, ist in Deutschland noch einiges zu tun. Dazu gehört die Formulierung einer einheitlichen Fachsprache, die in die Software integriert werden kann. Dazu gehört auch die Erstellung von Katalogen universell einzusetzender Bausteine. Deutschland muss sich in die Entwicklung der internationalen Normen einbringen. Rechtliche Rahmenbedingungen müssen angepasst werden. Ich unterstütze deshalb die von der Bauindustrie geplante professionelle Plattform BIM ausdrücklich.

Um beim Thema voran zu gehen, haben wir vier Pilotprojekte bei Bundesverkehrswegen initiiert – zwei Schienen- und zwei Straßenprojekte:

–           Brücke im Zuge der B 107n in Sachsen

–           Petersdorfer Brücke im Zuge der A19 in Mecklenburg-Vorpommern

–           Rastatter Tunnel (auf der Schienenstrecke Karlsruhe-Basel)

–           Filstalbrücke (auf der Schienenstrecke Wendlingen-Ulm)

Diese Projekte werden wir wissenschaftlich begleiten und auswerten. Die Erfahrungen, die wir mit BIM in der Praxis machen, werden in die Plattform und die weitere Gestaltung des Rechtsrahmens einfließen.

Für mich heißt modernes Bauen: erst virtuell und dann real bauen. Gemeinsam werden wir die Digitalisierung des Bauens voranbringen.