Der BGH hat in seinem Beschluss vom 16. April 2013, VIII ZR 375/11 eine Abgrenzung zwischen Kauf mit Montageverpflichtung und Werkvertrag vorgenommen. Es gibt keine analoge Anwendung des Regressanspruchs nach § 478 II BGB auf Werkverträge.
Sachverhalt
Der Auftragnehmer verlegte in einem Bauvorhaben einen Parkettboden. Die Parkettstäbe erweisen sich als mangelhaft. Der Auftraggeber meint, aus der Regelung des § 478 Abs. 2 BGB folge, dass der Auftragnehmer auch ohne Verschulden die Ein-und Ausbaukosten ersetzen müsse. Ein Handwerker, der sich gegenüber einem Verbraucher zur Verlegung eines Parkettbodens verpflichtet hatte, sollte diesen wegen der Mangelhaftigkeit des Parketts im Rahmen der (werkvertraglichen und vom vertreten müssen unabhängigen) Gewährleistung (Nacherfüllung nach §§ 634 Nr. 1, 635 BGB) neu verlegen. Diese Kosten will er jetzt vom Verkäufer ersetzt verlangen. Das ginge ohne weiteres über einen Anspruch auf Schadensersatz (neben der Leistung) nach §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB, wenn der Verkäufer den Mangel zu vertreten hätte. Da aber auch der professionelle Verkäufer keine Untersuchungspflichten hat und nach herrschender Meinung der Hersteller nicht sein Erfüllungsgehilfe i. S. v. § 278 BGB ist, fehlt es hier regelmäßig am Vertretenmüssen.
Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie nun auch der BGH sind der Auffassung, dass der kaufrechtliche Nacherfüllungsanspruch auch die Kosten für Aus- und Wiedereinbau bei Lieferung mangelhafter Ware umfasst. Dies kommt dem Werkunternehmer (als Käufer des Materials) aber gegenüber seinem Verkäufer nicht zugute, weil es sich in diesem Verhältnis um ein „b2b“-Geschäft handelte und nach Auffassung des BGH die erforderliche richtlinienkonforme Auslegung auf das Verhältnis „b2c“, d. h. Unternehmer/Verbraucher, beschränkt ist (s. dazu die Anm. zu BGH NJW 2013, 220. Wenn nun der (unternehmerische) Käufer das Parkett nur an einen Verbraucher weiterverkauft und im Wege der Nacherfüllung die Aus- und Wiedereinbaukosten zu tragen hätte, könnte er diese Kosten nach § 478 II BGB von seinem Lieferanten ersetzt verlangen, ohne dass es auf Vertretenmüssen ankäme. Hier hatte er aber einen Werkvertrag abgeschlossen. Auf diesen ist die Regressregelung des § 478 BGB weder direkt noch analog anwendbar.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, ob auch bei einem Kaufvertrag zwischen Unternehmern die Aus- und Einbaukosten zu der vom Verkäufer geschuldeten Nacherfüllung gehören. Diese Frage ist nicht mehr klärungsbedürftig. Der Senat hat – nach Erlass des Berufungsurteils – entschieden, dass die aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 16. Juni 2011 (C-65/09, C-87/09 – NJW 2011, 2269) gebotene richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB auf den Verbrauchsgüterkaufvertrag beschränkt ist und nicht für Kaufverträge zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern gilt. Bei diesen Kaufverträgen wird daher der Ausbau der mangelhaften Kaufsache und der Einbau der Ersatzsache von der Nacherfüllungsvariante „Lieferung einer mangelfreien Sache“ nicht erfasst (Senatsurteil vom 17. Oktober 2012 – VIII ZR 226/11, NJW 2013, 220, Rn 17ff).
Mit dieser Entscheidung sind die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision entfallen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2005 – I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650 unter II 1). Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Klägerin gegen die Beklagte kein Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Ausbau des mangelhaften Fertigparketts und den Einbau des Ersatzparketts zusteht, steht im Einklang mit dem Senatsurteil vom 17. Oktober 2012 (VII ZR 226/11, aaO Rn. 14). Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Regelung des § 478 Abs. 2 BGB übersehen. Aus dieser Bestimmung über den Regress beim Verbrauchsgüterkauf ist ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Aus- und Einbaukosten nicht herzuleiten. Auch unter Berücksichtigung des von der Revision als übergangen gerügten Tatsachenvortrags der Klägerin hat diese mit ihrem Kunden keinen Verbrauchsgüterkauf (mit Montageverpflichtung), sondern einen Werkvertrag geschlossen. Auf die Konstellation, dass am Ende der Lieferkette ein Werkvertrag steht, ist § 478 Abs. 2 BGB jedoch nicht anwendbar. Der Senat hat noch unter der Geltung des alten Schuldrechts entschieden, dass es für die Einordnung eines Vertragsverhältnisses als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung oder als Werkvertrag darauf ankommt, auf welcher der beiden Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt. Dabei ist vor allem auf die Art des zu liefernden Gegenstands, das Wertverhältnis von Lieferung und Montage sowie auf die Besonderheiten des geschuldeten Ergebnisses abzustellen (Senatsurteil vom 3. März 2004 – VIII ZR 76/03, NZM 2004, 398 unter II 1; vgl. auch Senatsurteil vom 22. Juli 1998 – VIII ZR 220/97, NJW 1998, 3197 unter II 1).
An dieser Abgrenzung hat sich durch die Schuldrechtsmodernisierung nichts geändert (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 215 unter Bezugnahme auf Senatsurteil vom 22. Juli 1998 – VIII ZR 220/97, aaO). Maßgebend für die Abgrenzung zwischen einem Kaufvertrag mit Montageverpflichtung und einem Werkvertrag ist danach weiterhin, ob nach dem Vertrag die Pflicht zur Eigentumsübertragung zu montierender Einzelteile oder eine Herstellungspflicht im Vordergrund steht (vgl. BG, Urteil vom 22. Dezember 2005 –VII ZR 183/04, BGHZ 165, 325, 328). Danach handelt es sich bei dem hier vorliegenden Vertrag über die Herstellung eines Parkettbodens in einem Bauvorhaben nicht um einen Kaufvertrag mit einer Montageverpflichtung, sondern um einen Werkvertrag. Denn im Vordergrund steht nicht die Übertragung von Eigentum und Besitz an den zu verlegenden Parkettstäben, sondern die mangelfreie Herstellung des einzubauenden Parkettbodens insgesamt. Die fachgerechte Ausführung der Handwerkerleistung (Zuschnitt und Verlegung der Parkettstäbe nach entsprechender Untergrundbehandlung) ist bei der Herstellung eines Bodenbelags mindestens ebenso wichtig wie das zu verlegende Material (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 1991 – VII ZR 296/90, NJW 1991, 2486 II 1, zur Lieferung und Verlegung eines Teppichbodens). Dementsprechend wird auch in der Instanzrechtsprechung ein Vertrag über die Lieferung und Verlegung von Parkett zutreffend als Werkvertrag und die Verlegung nicht lediglich als Annex zu einem Kaufvertrag angesehen (OLG Saarbrücken, Urteil vom 31. Mai 2011, 1 U 376/10, juris, betr. Angebot einer Fachfirma „Parkettboden fix und fertig“; LG Osnabrück, Urteil vom 12. April 2012, 4 O 533/10, juris). Die Revision führt keinen Tatsachenvortrag an, dem zu entnehmen wäre, warum dies vorliegend ausnahmsweise anders sein sollte. Entgegen der Ansicht der Revision ist § 478 Abs. 2 BGB auch nicht analog auf die Fälle anzuwenden, in denen ein Werkvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher am Ende der Lieferkette steht. Denn eine planwidrige Regelungslücke, die eine Analogie ermöglichen könnte, liegt nicht vor. Aus den Gesetzesmaterialien zur Schuldrechtsreform ist nichts dafür zu ersehen, dass der Gesetzgeber die Vorschrift des § 478 Abs. 2 BGB über den Verbrauchsgüterkauf hinaus auch auf einen Werkvertrag mit einem Verbraucher hätte erstrecken wollen und es lediglich versehentlich versäumt hätte, diesen Willen durch eine entsprechende Erweiterung des § 478 Abs. 2 BGB zum Ausdruck zu bringen. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber bewusst darauf beschränkt, die Regressvorgabe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umzusetzen, die nur Kaufverträge erfasst und Dienstleistungsverträge – Werkverträge nach deutschem Recht – nicht einbezieht. Entsprechend der Terminologie von Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie („Letztverkäufer“) ist in der Gesetzesbegründung zu § 478 Abs. 2 BGB nur vom „Händler“ oder „Einzelhändler“ die Rede, nicht aber vom Handwerker oder Werkunternehmer (BT-Drucks. 14/6040, 247 ff.)
Klartext
Das Urteil stellt klar, dass bei Kaufverträgen zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern der Ausbau der mangelhaften Kaufsache und der Einbau der Ersatzsache von der Nacherfüllungsvariante „Lieferung einer mangelfreien Sache“ nicht erfasst wird. Voraussetzung dafür ist ein Verschulden des Verkäufers. Es sollte daher in der Praxis sehr genau auf die Kaufbeziehung geachtet werden und in welchem Verhältnis ein Kaufvertrag geschlossen wird.