- Weltweite Insolvenzen steigen 2018 um 8%, 2019 um weitere 5%
- Deutschland 2018 mit 4% weniger Pleiten, Stagnation der Fallzahlen für 2019
- Aber: Durchschnittliche Schäden für Unternehmen durch Insolvenzen[1] in Deutschland haben sich seit 2015 verdoppelt
Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland geht auch 2018 zurück. Der weltweit führende Kreditversicherer Euler Hermes geht in der Bundesrepublik von voraussichtlich 19.350 Fällen aus. Das sind 4% weniger Pleiten als noch im Vorjahr. Allerdings sind trotz rückläufiger Fallzahlen die Schäden für Unternehmen durch Insolvenzen in den letzten Jahren deutlich gestiegen: von insgesamt 17 Milliarden (Mrd.) Euro (EUR) in 2015 auf 30 Mrd. EUR in 2017. Dieser Trend setzt sich auch 2018 fort.
„Seit 2015 haben sich die durchschnittlichen Schäden bei Unternehmen durch Insolvenzen in Deutschland verdoppelt“, sagt Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Auch 2018 zeichnet sich keine Entspannung ab. Das Durchschnittsvolumen der voraussichtlichen Forderungen[2] von Unternehmen stieg in den zwölf Monaten bis Ende August 2018 um über 30% an im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.“
Die voraussichtlichen Schäden von Unternehmen durch Insolvenzen lagen 2015 im Durchschnitt noch bei 700.000 EUR, 2017 waren es 1,5 Millionen (Mio.) EUR. Das ist insofern bemerkenswert als die Fallzahlen in der Bundesrepublik seit Jahren rückläufig sind.
„Das bedeutet, wenn es kracht, dann richtig“, sagt Van het Hof. „Dann ist meist die ganze Lieferkette betroffen. Viele Lieferanten sind plötzlich mit großen Schadenssummen konfrontiert. Häufig auch, weil sie sich in falscher Sicherheit wägen angesichts der stetig sinkenden Fallzahlen und der anhaltend guten Wirtschaftslage in der Welt und vor allem auch in Deutschland selbst. Doch auch hier ziehen langsam Wolken auf.“
Wendepunkt auch bei Fallzahlen in Sicht – globale Insolvenzen steigen bereits deutlich
Bei den Fallzahlen zeichnet sich – analog zum Konjunkturzyklus – ebenfalls ein Wendepunkt in Deutschland ab. Die Euler Hermes Experten gehen für 2019 von stagnierenden Pleiten in der Bundesrepublik aus. Weltweit hat die Negativ-Trendwende bereits stattgefunden: 2018 und 2019 steigen die weltweiten Insolvenzen weiter an.
„Seit Anfang 2018 gab es in der Hälfte der von Euler Hermes monatlich analysierten Ländern[3] mehr Pleiten als im Vorjahreszeitraum“, sagt Ludovic Subran, Chefvolkswirt von Euler Hermes und stellvertretender Chefvolkswirt der Allianz. „Für das Gesamtjahr gehen wir von 8% mehr Insolvenzen aus und im kommenden Jahr kommen weitere 5% hinzu. Haupttreiber dieser Entwicklung ist vor allem China. Dort verschwinden aktuell viele ‚Zombie-Unternehmen‘ vom Markt, die dort lange Zeit künstlich am Leben gehalten wurden. Diese Marktbereinigung setzt sich auch 2019 weiter fort.“ Hinzu kommen zahlreiche wirtschaftliche und politische Risiken, Handelsbarrieren, eine teilweise hohe Verschuldung von Unternehmen und dadurch steigenden Kreditrisiken.
„Globale Exportrisiken sind weiter auf dem Vormarsch“, sagt Van het Hof. „Der drohende Handelskonflikt und Zollankündigungen sind eine Sache. Aber auch in Europa ist nicht alles rosarot. Der Brexit und Italiens Staatshaushalt sorgen weiterhin für Unsicherheit. Mit der Slowakei, Luxemburg, Dänemark, der Schweiz, Finnland, Norwegen und Belgien finden sich 2018 zudem zahlreiche wichtige europäische Handelspartner der Deutschen auf der Liste der Staaten mit steigenden Pleitezahlen. Vor den Toren Europas macht die Türkei ebenfalls Sorgen und verzeichnet ein deutliches Plus an Insolvenzen.“
Deutschland: konsumorientierte Branchen und Baugewerbe mit Risiken
Bei den Branchen in Deutschland zeichnet sind ein relativ heterogenes Bild. In den letzten zwölf Monaten stiegen die Insolvenzen in konsumorientierten Bereichen wie Dienstleistungen, Information und Kommunikation, Freizeitaktivitäten, Hotels und Gastronomie bereits gegen den bundesweiten Trend an. Im Baugewerbe zeichnete sich in den letzten neun Monaten ein Anstieg ab. Die meisten Insolvenzen verzeichnete in den letzten zwölf Monaten nach wie vor der Handel, gefolgt von der Baubranche, Hotels und Restaurants, freiberufliche und professionelle Dienstleistungen, das produzierende Gewerbe und die Transportbranche.
Die Transportbranche weist mit einem sehr hohem Verschuldungsgrad zudem hohe Kreditrisiken auf – und entsprechend erwarten die Euler Hermes Volkswirte dort auch die branchenweit größten Schäden durch Insolvenzen 2018. Den stärksten Anstieg bei den erwarteten Schäden verzeichneten in den letzten zwölf Monaten neben der Transportbranche die Bereiche Gesundheit und Soziales, Energieversorgung, freiberufliche, professionelle und sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen und die Finanzbranche.
Legende:
[1] Schäden sind hier zu verstehen als „erwartete Schäden“, die sich aus den voraussichtlichen Forderungen ergeben, siehe auch Fußnote #2
[2] Die tatsächlichen Schäden lassen sich erst nach Beendigung der Insolvenzverfahren überhaupt ermitteln. Da Insolvenzverfahren jedoch über mehrere Jahre laufen, können somit nur tatsächliche Schäden mehrere Jahre in der Vergangenheit erhoben werden, die von aktuellen Entwicklungen erheblich abweichen können. Die Entwicklung der voraussichtlichen Forderungen lässt jedoch Rückschlüsse auf die zu erwartenden tatsächlichen Schäden zu, weshalb diese als Grundlage herangezogen werden. Eine Definition von „voraussichtlichen Forderungen“ laut Destatis finden Sie am Ende der Pressemeldung.
[3] Euler Hermes analysiert monatlich die Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen in den 30 größten Volkswirtschaften weltweit. In 16 von 30 Ländern gab es seit Anfang 2018 einen Anstieg der Fallzahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Definition Destatis „voraussichtliche Forderungen“
Die voraussichtlichen Forderungen entsprechen in der Statistik über beantragte Insolvenzverfahren der Summe der – gegebenenfalls geschätzten – Insolvenzforderungen. Der Betrag umfasst auch die durch Absonderungsrechte gesicherten Forderungen. Die voraussichtlichen Forderungen werden von den Amtsgerichten zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Insolvenzantrag ermittelt und zur genannten Statistik gemeldet. In Abgrenzung zu den im eröffneten Insolvenzverfahren tatsächlich zur Insolvenztabelle angemeldeten Insolvenzforderungen sind daher unter den voraussichtlichen Forderungen lediglich solche Verbindlichkeiten subsumiert, von denen die Gerichte bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens, bei mangels Schuldenbereinigungsplans Kenntnis haben. Ergebnisse zu den tatsächlich zur Insolvenztabelle angemeldeten und festgestellten Insolvenzforderungen werden im Rahmen der Statistik über beendete Insolvenzverfahren und Restschuldbefreiung ermittelt und veröffentlicht. Eine Publikation von Ergebnissen der Statistik über beendete Insolvenzverfahren und Restschuldbefreiung ist erstmals im Jahr 2014 geplant.