„2015 war ein erster wichtiger Schritt, den Investitionsstau unserer maroden Infrastruktur aufzulösen. Im Straßenbau und im Wirtschaftsbau kommen wir allerdings kein Stück voran. Insgesamt sind wir mit der Baukonjunktur des letzten Jahres jedoch zufrieden. Wir erwarten für 2016 eine Trendfortschreibung“, so Prof. Beate Wiemann, Hauptgeschäftsführerin des Bauindustrieverbandes Nordrhein-Westfalen e.V. bei der Vorstellung der Zahlen zur NRW-Baukonjunktur des Jahres 2015.
Über alle Bausparten weist die Statistik für 2015 ein deutliches Wachstum aus. Die zwei Bausparten Straßenbau und Wirtschaftsbau konnten von der guten Baukonjunktur jedoch kaum bis gar nicht profitieren. Die NRW-Bauwirtschaft sieht die Landesregierung in der Verantwortung, bessere Rahmenbedingungen für Investitionen zu schaffen.
Über das Jahr 2015 erhielten die Unternehmen insgesamt Bauaufträge im Wert von 9,366 Milliarden Euro. Der Auftragseingang über alle Bausparten hinweg weist damit ein deutliches Plus von 6,4 Prozent auf. Damit liegt die Baukonjunktur in Nordrhein-Westfalen leicht über dem bundesdeutschen Schnitt (+5,2 Prozent).
„Das Jahr 2015 war der lange erwartete Anfang einer Investitions- und Modernisierungsoffensive. Wir erwarten für 2016 eine Fortschreibung der Investitionen von öffentlicher und privater Hand“, so Prof. Beate Wiemann weiter.
Der Wohnungsbau wurde im letzten Jahr seiner Rolle als Wachstumstreiber konstant gerecht. Angesichts eines gestiegenen Auftragseingangs um 15,9 Prozent haben niedrige Zinsen, Wohnungsbedarfe in Groß- und Universitätsstädten und der Flüchtlingszustrom für ein kräftiges Wachstum gesorgt. Mit einem Gesamtvolumen von 1,863 Milliarden Euro steht Nordrhein-Westfalen deutschlandweit überdurchschnittlich gut da.
Prof. Beate Wiemann: „Wir sind im Wohnungsbau noch lange nicht am Ziel. NRW-Bauminister Groschek fordert noch einmal 120.000 neue Wohnungen zusätzlich zum bestehenden Neubaubedarf. Qualität, Effizienz, Kosten- und Termintreue und innovative Konzepte mit potentieller Zweit- und Drittnutzung sind unsere Leitlinien für den Wohnungsbau in NRW.“
Der Wirtschaftsbau konnte 2015 durch zwei starke Monate zum Ende des Jahres mit einem unerwarteten Plus von vier Prozent abschließen. Ende Oktober 2015 verharrte der Wirtschaftsbau noch in der Stagnation. Einzig der Wirtschafts-Tiefbau konnte dabei signifikant zulegen (+8,6 Prozent). Der Hochbau privater Investoren schloss das Jahr mit 1,7 Prozent im Plus ab. Insgesamt beauftragten private Auftraggeber Bauleistungen im Wert von 4,58 Milliarden Euro.
„Die Investitionsrallye zum Ende des Jahres darf nicht darüber hinwegtäuschen: Der Standort Nordrhein-Westfalen läuft bei privaten Investitionen langsam aber sicher trocken. Hätte die Deutsche Bahn den Wirtschafts-Tiefbau nicht gepusht, stünde der Industriestandort Nordrhein-Westfalen ohne Wachstum da. Bei einem prognostizierten Wachstum von zwei Prozent im Wirtschaftsbau geht der Werteverzehr der Privatwirtschaft in 2016 ungehindert weiter“, führt Wiemann zur Konjunktur im Wirtschaftsbau aus.
Ein noch einmal schlechteres Bild zeigt nur der Straßenbau in Nordrhein-Westfalen. Während der Bund seine Investitionsbudgets erhöht und das Land seine Landesstraßenmittel zumindest fortschreibt, fielen die Kommunen in 2015 nahezu aus. Ein Investitionsrückgang um 7,7 Prozent auf insgesamt nur noch 1,27 Milliarden Euro verfehlt das Ziel der Verkehrsinfrastruktursanierung.
Prof. Beate Wiemann dazu: „Die Kommunen in NRW sind strukturell unterfinanziert. Der Straßenbau in 2015 führt dies unmittelbar vor Augen. Bund und Land steigern oder halten ihre Investitionsniveaus. Die Kommunen sind als Auftraggeber regelrecht weggebrochen. Nicht mal die deutschlandweiten Spitzensätze bei Grundsteuer B und Gewerbesteuer scheinen da noch zu helfen.“
Im öffentlichen Hochbau und sonstigen öffentlichen Tiefbau sieht die konjunkturelle Lage freundlicher aus. Mit einem von Jahr zu Jahr stark schwankendem Wachstum von 25,1 Prozent in 2015 trägt der Hochbau ebenso zum guten Gesamtergebnis bei wie der öffentliche Tiefbau ohne Straßenbau (+13,9 Prozent). Mit Auftragseingängen in Höhe von 443 Millionen Euro und 1,21 Milliarden Euro verzeichnet Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu anderen Bundesländern überdurchschnittliche Ergebnisse.
Die insgesamt gute Baukonjunktur schlägt sich in Nordrhein-Westfalen auch in den Beschäftigtenzahlen des Bauhauptgewerbes nieder. Knapp 132.100 Beschäftigte bedeuten ein deutliches Personalplus von vier Prozent.
„Wer den Sanierungsstau auflösen will, benötigt qualifizierte und motivierte Fachkräfte. Als Bauwirtschaft wollen wir unseren Mitarbeitern sichere Zukunftsperspektiven und abwechslungsreiche Tätigkeiten bieten. Wenn die Politik ihre Investitionen konsequent fortschreibt, sind wir hierfür gut gerüstet“, so Wiemann.