Interessen wahrnehmen und wahrnehmbar machen

Interview mit dem Hauptgeschäftsführer (HGF) des Bauindustrieverbandes Niedersachsen-Bremen, Jörn P. Makko

Ex-On: Was war reizvoll daran, von der Metall- in die Baubranche zu wechseln?

Makko: Ich habe fast 14 Jahre lang als Geschäftsführer beim Arbeitgeberverband der Metallindustrie gearbeitet und mit dem Wechsel zum Bauindustrieverband Niedersachsen-Bremen (NS-HB) die Chance bekommen, als Hauptgeschäftsführer in die Verantwortung zu gehen. Zudem, für eine Branche zu arbeiten, die in der Wertschöpfungskette ganz vorne agiert, das hat dem Ganzen dann noch einen zusätzlichen Reiz gegeben.

Jörn P. Makko

Ex-On: Im Bauindustrieverband NS-HB sind Sie HGF eines besonderen Verbandes, der aus zwei eins gemacht hat. Sie sind zwar schon seit April HGF, haben aber auch noch ein wenig den Blick von außen. Ist die Fusion abgeschlossen und geglückt?

Makko: Für mich sind wir ein Verband. Hier arbeitet ein eingespieltes Team, das auf hohem Niveau Leistungen für die Mitgliedsunternehmen erbringt und sich zwischen den Geschäftsstellen bestens ergänzt. Und auch im Präsidium und bei den Mitgliedern nehme ich wahr, dass wir eine Einheit sind.

Ex-On: Was soll der Verband leisten?

Makko: Wir müssen die Interessen der Bauindustrie wahrnehmen und wahrnehmbar machen, Sprachrohr einer leistungsstarken Branche sein, den Austausch der Mitglieder untereinander sicherstellen und die Interessen einer Branche nach außen vertreten. Wir sind ein Arbeitgeberverband und Arbeitgeber geben mehr als Arbeit. Sie geben Wohlstand und sozialen Frieden, Bildung, Innovation, Sicherheit und Infrastruktur.

Ex-On: Welche neuen Angebote an und für die Mitglieder werden Sie machen?

Makko: Ein wesentlicher Teil der Verbandsaufgabe ist die juristische Unterstützung der Mitglieder im personellen, aber auch baurechtlichen Bereich. Was auf der Landesebene stärker akzentuiert werden kann, ist die Unterstützung in technischen Dingen. Zu Fragen des Prozessmanagements können wir einen Austausch generieren. Arbeits- und Gesundheitsschutz sind enorm wichtig.

Ex-On: Gesetze und Regeln werden zum überwiegenden Teil nicht in Berlin, sondern in Brüssel auf den Weg gebracht. Inwieweit wollen Sie sich für Ihre Mitgliedsunternehmen dort engagieren?

Makko: Die europäischen Themen gehören in den Zuständigkeitsbereich des Hauptverbandes. Die Erfahrungen an der Basis mit europäischen Regelungen können wir als Landesverband mit den anderen Landesverbänden zusammentragen, um das dann über Berlin nach Brüssel in die Entscheidungswege mit einzubringen. Das ist der wertvolle Beitrag, den der Landesverband an dieser Stelle leisten kann.

Ex-On: Der sogenannte demografische Wandel zeitigt immer mehr Probleme in der Branche. Wie damit umgehen?

Makko: Die Belegschaften werden älter und immer mehr erfahrene Fachkräfte gehen in den Ruhestand. Wir müssen dafür sorgen, den Nachwuchs zu gewinnen und zu begeisterten Fachkräften zu entwickeln.Wichtig ist es zudem, ausgebildete Fachkräfte in der Branche zu halten. Mit moderner technischer Unterstützung, beispielsweise im Bereich der Digitalisierung und durch innovative Bauweisen werden wir die Baustellentätigkeiten weiter erleichtern, um die jeweilige Arbeitskraft möglichst lange zu erhalten.

Beim Nachwuchs gibt es einen enormen Wettbewerb um die Schulabgänger. Da ist es wichtig, dass die Bauindustrie ihre Reize ausspielt: Nämlich etwas zu schaffen, was Bestand hat. Also zum Beispiel: In der Tiefgarage , die man mitgebaut hat, kann man auch noch Jahrzehnte später parken. Diese großartigen Möglichkeiten, die die Branche bietet, müssen wir bewusst machen.

Aus- und Weiterbildung ist ein Schlüsselthema. In unseren Ausbildungszentren für die Bauwirtschaft, im Bau-ABC Rostrup und ABZ Mellendorf, lernen aktuell 2.500 Azubis.Etwa 5.000 Teilnehmer werden in vielerlei Lehrgängen fortgebildet. Mit einer über die Jahre konstanten bzw. leicht steigenden Teilnehmerzahl, das ist schon erfreulich.

Ex-On: Ist der Gedanke richtig, dass die Bevölkerungsentwicklung so läuft, dass wir die notwendige Anzahl von Menschen, die die Branche braucht, um alle Aufgaben zu erledigen, nicht bekommen werden. Diese Lücke kann nur über den effektiven Einsatz von Technik geschlossen werden?

Makko: Der Wettlauf zwischen Demografie und Fortschritt durch technische Entwicklung ist noch nicht entschieden. Da können wir durch verstärkten Einsatz von Technik noch mehr kompensieren. Der Druck wird größer werden.

Ex-On: Jahrzehntelang hat die politische Ebene Studium vor Ausbildung propagiert. Obwohl für sehr viele Menschen ein anspruchsvoller handwerklicher Beruf eine mindestens ebenso gute Chance wäre. Nun gibt es viele „Studierte“ und zu wenig Handwerker. Muss die Formel der Wirklichkeit angepasst und somit umgekehrt werden?

Makko: Das eine darf das andere nicht ausschließen. Jeder Mensch braucht seinen individuellen Weg ins Berufsleben. Und gerade der Bau bietet Aufstiegsmöglichkeiten, wie kaum eine andere Branche. Die geregelte Aufstiegsfortbildung in der Bauwirtschaft bietet – insbesondere für gewerbliche Kräfte – verschiedene Karrierewege. Vom Vorarbeiter über den Werkpolier bis hin zum Geprüften Polier reicht hier die Spannbreite. Wir müssen den Wert unserer dualen Berufsausbildung immer wieder betonen. Ich bin überzeugt, dass das für viele Schulabgänger der richtige Weg ist.

Ex-On: Die Baubranche boomt. Aber viele Unternehmen berichten, dass die Margen definitiv zu gering sind. Was muss geschehen, um diese Situation zu verbessern?

Makko: Über die Branche hinweg beträgt die Marge zwischen zwei bis vier Prozent. Das ist erschütternd wenig. Die Unternehmen gehen in große Vorleistungen, müssen oftmals lange auf die Zahlungseingänge warten und haben eine nachlaufende Gewährleistungsverpflichtung. Trotzdem muss investiert und Innovation betrieben werden, was ja letztlich nur über die Marge geht. Eine Verbesserung sehe ich in der kontinuierlichen Prozessentwicklung und -optimierung auf allen Ebenen des Unternehmens. Also bei Baustellenmanagement, Buchhaltung, Logistik, Einkauf etc. Und eine weitere wichtige Möglichkeit bietet das Qualitätsmanagement, das Vermeiden von Fehlern.