Steuern auf Baustoffe entfalten keine Lenkungswirkung, sie verteuern lediglich das Bauen! Dennoch fordert das Öko-Institut erneut über monetäre Hürden eine sogenannte „Rohstoffwende“ herbeizuführen. Der Denkansatz ist dabei ebenso simpel wie undurchführbar.
Im Juni 2016 hat das Öko-Institut ein zweites Policy Paper zum Projekt „Deutschland 2049 – Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Rohstoffwirtschaft“ veröffentlicht. Im Kern regt dieses an, über monetäre Hürden eine sogenannte „Rohstoffwende“ bis zu einer Halbierung der Primärrohstoffnutzung herbeizuführen. Suggestiv wird von einer Verringerung von pauschal behaupteten „negativen ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen von Rohstoffgewinnung, Rohstoffverarbeitung und Rohstoffnutzung“ gesprochen.
Der Ansatz dieses Policy Paper ist dabei ebenso simpel wie undurchführbar. Zwei Instrumente sollen zur Verringerung des jährlichen Bedarfs an primären Gesteinskörnungen aus Kies, Sand und Naturstein führen: die Erhebung einer Primärbaustoffsteuer auf die Gewinnung sowie sogenannte Verbesserungen beim bestehenden Raumordnungsrecht. Allein dadurch sollen mittel- und langfristig Anreize geschaffen werden, um die Lebensdauer von Gebäuden zu verlängern und den Neubaubedarf somit zu reduzieren. Weiterhin soll ein verstärktes Betonrecycling den Ersatz von natürlichen Rohstoffen begünstigen. Das führt zur essentiellen Frage: Wie kann das funktionieren? Stehen die Gebäude länger, fällt auch weniger mineralischer Bauschutt an, aus dem sich Recyclingkörnungen herstellen lassen. Aktuell jedenfalls ist das Potenzial der Betonrestmassen, die zum Ersatz von natürlichen Rohstoffen verwendet werden sollen, nicht erkennbar, da das vorhandene Material bereits jetzt aufbereitet und für Bauaufgaben verwendet wird. Am Ende sind das wesentliche, aber dennoch nur wenige von vielen Fragen, die der Bericht nicht praxisgerecht beantwortet.
Dauerthema Ressourcensteuern
Die Debatte über Ressourcensteuern wird seit langem geführt. Der Bericht des Öko-Instituts enthält jedoch gegenüber seinem Vorläufer von 2013 keine neuen Erkenntnisse. Allein eines hat sich geändert: statt einer Vielzahl an Baurohstoffen steht diesmal der Kies wörtlich im Kreuzfeuer der Betrachtung, wobei es sich vermutlich um eine aus einer Wissenslücke resultierende Verkürzung der Betrachtung handelt. Darüber hinaus offenbart ein Textvergleich die enge Verwandtschaft der beiden Papiere.
Fakten als lästigen Ballast ignoriert
In der Argumentation des Öko-Instituts bleibt unter anderem die entscheidende Frage unbeantwortet, welche Lenkungswirkung eine Primärbaustoffsteuer im Sinne des Einsatzes von Sekundärbaustoffen tatsächlich entfalten soll, wenn heute bereits etwa 90 Prozent der mineralischen Bauschutt- und Abbruchmassen aufbereitet und wiederverwertet werden. Erfahrungsgemäß können aus den noch übrigen 10 Prozent der meist minderwertigen und zum Teil wegen diverser Belastungen zu entsorgenden Materialien keine nennenswerten Mengen an Sekundärbaustoffen mehr gewonnen werden. Hinzu kommt, dass – wie bereits erwähnt – der neue Bericht längere Lebenszyklen von Bauwerken postuliert und auf diese Weise der Massenanfall reduziert würde. Auch bei wenig Wissen über Mengenlehre wird die Dissonanz des Ansatzes ersichtlich.
Unberücksichtigt bleiben bei den Vorschlägen belastbare Fakten aus der Praxis: Das deutsche Ressourceneffizienzprogramm „ProgRess I“ des Umweltministeriums (http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/progress_broschuere_de_bf.pdf/ Seite 51) bilanzierte bereits in 2012, dass mineralische Primärbaurohstoffe auch bei größten Anstrengungen lediglich zu rund 12 Prozent durch Recyclingmaterial substituiert werden können. Eine wesentliche Steigerung ist nach dieser Quelle in naher Zukunft nicht möglich, da das absehbare Aufkommen an Abbruchmassen die gebotenen Möglichkeiten limitiert. Ganz zu schweigen von bautechnischen und bauhygienischen Aspekten, die der Verwendung größerer Anteile der mineralischen Bauschutt- und Abbruchmassen entgegenstehen.
RA Christian Haeser, Geschäftsführer beim Bundesverband Mineralische Rohstoffe, MIRO, stellt dazu fest: „Die Bundesregierung hat in ihrem nationalen Ressourceneffizienzprogrammen ProgRess I und II aus gut nachvollziehbaren Gründen den Einsatz von Rohstoffsteuern als nicht zielführend erkannt und daher diesen Ansatz nicht weiter verfolgt. Dies sollte von den Forschungsnehmern und Instituten endlich zur Kenntnis genommen werden. Ein Aufwärmen wiederlegter Argumente hilft nicht weiter! Steuern dieser Art entfalten keine Lenkungswirkung, sie verteuern aber das Bauen. Da letztlich die öffentliche Hand mehr als 50 Prozent – je nach Betrachtungsweise sogar bis zu 80 Prozent – der Verwendung mineralischer Baustoffe über öffentliche Aufträge verantwortet, würde sie das erhobene Steuergeld über die zu zahlende Rohstoffsteuer auch direkt wieder ausgeben. Am Ende wären vor allem private Auftraggeber bis hin zum Eigenheimbauer die Dummen, denn sie müssten die Kosten für teurere Baumaterialien aus der eigenen Kasse berappen.
Hinsichtlich des ebenfalls zur Lenkung ins Felde geführten Raumordnungsrechts ist anzumerken, dass die rohstoffgewinnende Industrie ausschließlich bedarfsdeckend und in keiner Weise bedarfsweckend agiert, d. h. temporäre Flächeninanspruchnahme, Gewinnung und Produktion von Baurohstoffen erfolgen stets nur zur Deckung des bestehenden Bedarfs, während dieser Bedarf durch ein noch so hohes Angebot an Baustoffen nicht gesteigert werden könnte.“
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