Wildniskonzept ist eine Fata Morgana

In dieser Woche hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) auf einer Veranstaltung in Berlin das Umweltgutachten 2016 vorgestellt, das Impulse für eine integrative Umweltpolitik geben soll. Dabei haben sich die Wissenschaftler auf sechs Schwerpunktthemen konzentriert, unter anderem auf den Klimaschutz und die Schaffung von Wildnisgebieten. „Hierbei geht es nicht um einen integrativen Ansatz, ganz im Gegenteil: eine Naturschutzelite entzieht den Bürgern den freien Zugang zu den Wäldern, da der stillgelegte Wald nicht betreten werden darf. Das widerspricht dem Grundgesetz“, sagte Philipp Freiherr zu Guttenberg, Präsident der AGDW – Die Waldeigentümer, anlässlich der Vorstellung des Gutachtens. „Wie bei einer Fata Morgana wird mit der so genannten Wildnis ein Naturerlebnis vorgegaukelt, das in der Wirklichkeit nicht genossen werden kann.“

Da der Rohstoff Holz aus der nachhaltigen Forstwirtschaft zur Absenkung der Treibhausgasemissionen einen großen Beitrag leistet und damit der ökologische Rohstoff schlechthin ist, widerspricht die Stilllegung von Wäldern auch dem Klimaschutzgedanken. „Bei der Schaffung so genannter Wildnisgebiete handelt es sich um die Ideologie einer kleinen Elite, die die Sehnsucht der Menschen nach Wald, Natur und Klimaschutz zur eigenen Geschäftsidee macht“, so die Kritik des Präsidenten.

In dem Gutachten schließt sich der Sachverständigenrat der nationalen Biodiversitätsstrategie an, in der die Schaffung so genannter Wildnisgebiete auf zwei Prozent der Landesfläche bis 2020 vorgesehen ist. Begründet wird dies mit der Sehnsucht der Stadtmenschen nach „unberührter Natur“ und einem spannendem Naturerlebnis – einem „Thrill-Erlebnis“ -, wie es in dem Gutachten heißt. Wildnis würde einen Gegensatz zu der technisierten Zivilisation bilden, in der die meisten Menschen leben würden. „Wenn unsere Wälder mit esoterischen Scheinargumenten und unter Verschwendung von immensen Steuergeldern zu mitteleuropäischen Jurassic Parks umgebaut werden, die am Ende nicht betreten werden dürfen, hat dies mit Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Erholung nichts zu tun“, so der Präsident.

Für diese aufwendige Umgestaltung fordern die Gutachter zudem wieder einmal den Einsatz öffentlicher Mittel. Bund und Länder sollen die Flächen bereitstellen, Organisationen, die den Erwerb entsprechender Gebiete in die Hand nehmen, sollen bei der Finanzierung der Folgekosten staatliche Gelder erhalten oder gar von Steuern befreit werden. „Hier werden zum Wohle demokratisch nicht legitimierter Interessengruppen Steuergelder verschwendet, von deren Einsatz die Gesellschaft rein gar nichts hat – keinen Naturschutz, keinen Erholungswert, keine Holzproduktion.“

Jeder Hektar stillgelegter Wald koste den Steuerzahler rund 13.000 Euro. Gleichzeitig ginge eine Vielzahl von Arbeitsplätzen verloren – allerdings in kleinen Forstbetrieben im ländlichen Raum, für die selten einmal Alarm geschlagen werde. Da außerdem in die stillgelegten Wälder nicht eingegriffen werden solle, könnten Gefahren wie Waldbrände und Schädlinge auf bewirtschaftete Flächen übergreifen, die von den Gutachtern banalisiert werden. Und: Holz, das nicht aus der nachhaltigen Forstwirtschaft in Deutschland kommt, müsse aus Ländern außerhalb Europas importiert werden, in denen Raubbau an Mensch und Natur betrieben wird.

Auch für Prof. Dr. Hermann Spellmann von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt, der das Wildniskapitel auf der Veranstaltung in Berlin kommentiert hatte, ist der Mehrwert dieser Pläne für die Gesellschaft nicht ersichtlich. So seien auch die touristischen Effekte, mit denen die Gutachter werben, eher beiläufig, da Menschen aus diesen Wäldern ausgeschlossen werden und sich allenfalls an den Rändern aufhalten sollen. Zu Guttenberg: „Die Stilllegung von Waldflächen mag zur Sinnstiftung einiger naturfern sozialisierter Politiker beitragen, diejenigen aber, die sich Wald und Natur verbunden fühlen, haben davon nichts.“

Der Präsident verwies auch auf die Aussagen des Bioökonomierates, der kürzlich noch einmal deutlich gemacht hatte, dass Holz nicht nur eine wertvolle Ressource sei, sondern in den unterschiedlichen Wirtschaftszweigen wesentlich effizienter genutzt werden könnte. Schließlich gebe es in der Industrie eine wachsende Nachfrage nach holzbasierten Rohstoffen und hochwertigen Produktinnovationen aus Holz. „Deutschland hat mit den Ergebnissen seiner nachhaltigen Waldbewirtschaftung die internationale Spitzenposition und eine Vorbildfunktion. Weicht mach von diesem Pfad der Nachhaltigkeit ab, erweisen wir Natur und Menschen einen Bärendienst. Eine Rückkehr zu wissenschaftlicher Bewertung und fachlicher Abwägung statt Esoterik würde dieser Diskussion wieder guttun.“

 

Quelle:  www.waldeigentuemer.de