„Die Breitbandnetze sind die Nervenbahnen der Digitalisierung. Neue Gigabitleitungen sind grundlegend für zukünftige Produktionsverfahren, eine intelligente Logistik und für autonomes Fahren. Doch aktuell regiert das Prinzip ‚Hauptsache schnell und billig‘. Die Kommunen hoffen heute auf schnelle Erfolge und schaffen sich die Probleme von morgen“, mit diesen Worten reagiert Prof. Beate Wiemann, Hauptgeschäftsführerin des Bauindustrieverbandes Nordrhein-Westfalen, auf die steigende Zahl sogenannter „Trenching“-Verfahren im Breitbandausbau.
Bei diesen neuen Verlegeverfahren werden die Kabel nur wenige Zentimeter unter der Oberfläche in einen gefrästen Schlitz eingezogen, anstatt diese durch bewährte Tiefbaumethoden mit entsprechendem Sicherheitsabstand tiefer unter die Erde zu platzieren. Während bei etablierten Tiefbauverfahren auf die Lage bestehender Gas-, Wasser-, Telefon- und Stromleitungen geachtet wird, werden Kabel bei „Trenching“-Verfahren ohne Berücksichtigung anderer Infrastrukturen in die Erde gezogen. Prof. Beate Wiemann: „Die Digitalisierung ist das Mega-Thema unserer Zeit. Aber die Grundlage dafür schaffen Kommunen und Netzbetreiber gerade im ‚Hauruckverfahren‘.“ Aus Sicht der Bauindustrie NRW besteht die Gefahr, dass bei zukünftigen Straßenbauarbeiten die neuen Kabel beschädigt oder gar durchtrennt werden, da hierbei häufig keine Dokumentation der Arbeiten vorgenommen wird. Würden die Kabel jedoch in qualifizierten Tiefbauverfahren verbaut, bestünde dieses Problem nicht. Zum einen lägen die Kabel tief unterhalb der Straße in Versorgungsrohren, zum anderen wären sämtliche Tiefbauarbeiten entsprechend katalogisiert. Ein Katastereintrag ist also auch für „Trenching“-Verfahren zwingend notwendig.
Die Bauindustrie Nordrhein-Westfalen fordert die Kommunen stattdessen dazu auf, auf etablierte Tiefbaumethoden zu setzen und Bauarbeiten verschiedener Infrastrukturbetreiber in Zukunft besser zu koordinieren. So könnten unterirdische Arbeiten in Zukunft zusammengefasst und Glasfaserleitungen direkt mitverlegt werden. Darüber hinaus befürwortet die Bauindustrie das Verlegen von Leerrohren. In diese könnten zu einem späteren Zeitpunkt Breitbandkabel gezogen werden, ohne Straßen und Fußwege erneut zu öffnen. Dies wäre zudem ein nachhaltiger Beitrag zur Reduzierung von Baustellen. Insbesondere die Verlegung von Glasfaserleitungen in einem komplexen Umfeld verlangt bewährte Bauverfahren. Dies betrifft z.B. die Unterquerung von Schnellstraßen, Bahnstrecken oder Wasserläufen oder die Gewährleistung der Stabilität von durch Schwerlastverkehr belasteten Straßen.
„Konventioneller Tiefbau ist nicht langsam und teuer, sondern sorgfältig durchdacht und von hoher Qualität. Die Digitalisierung baut man nicht aus Flickwerk,“ so Prof. Beate Wiemann weiter. „Der Glasfaserausbau benötigt eine sorgfältige Planung. Die Beschaffenheit des Bodens, das Vorhandensein anderer Leitungen und die Festigkeit der Oberfläche verlangt nach qualifizierten Verfahren und erfahrenen Unternehmen.“
Grundsätzlich begrüßt die Bauindustrie Nordrhein-Westfalen die neue Zielsetzung von Bundes- und Landesregierung. Demnach wird ein klarer Fokus auf den Ausbau von Glasfaserleitungen gelegt, anstatt weiterhin das ‚Vectoring“, also das Hochrüsten veralteter Kupferkabel zu fördern.