Der Bau- und Baustoffmaschinenindustrie geht es 2017 gut. „Zwar waren die Zeiten noch nie so chaotisch wie heute, aber bisher sind wir gut mit den Herausforderungen umgegangen, die Schlag auf Schlag kommen“, betonte Johann Sailer, Vorsitzender des VDMA Fachverbandes Bau- und Baustoffmaschinen auf der Mitgliederversammlung seines Verbandes am 26./27. Oktober in Düsseldorf. Anders als in früheren Krisenzeiten hat sich in den letzten Jahren der psychologische Moment der Angst nicht oder nur wenig auf das tägliche Geschäft der Hersteller ausgewirkt. Die Öl-, Gas- und Rohstoffschwäche und die damit verbundene sinkende Nachfrage in den Schwellenländern hat der Branche allerdings zu schaffen gemacht. Obwohl die Märkte langsam zurückkommen, spüren vor allem die spätzyklischen Baustoffanlagen noch die Effekte.
Umsatzprognose Plus 5% bestätigt
Nach derzeitigem Stand wird die Gesamtbranche dieses Jahr mit einem Umsatzwachstum von mindestens fünf Prozent abschließen. Das entspricht einem Niveau von ca. 14,6 Milliarden Euro. Damit bestätigte Sailer die Prognose vom Beginn des Jahres. Bei Baumaschinen liegt der Auftragseingang nach einem sehr starken 2016 auch 2017 erneut im Plus, und zwar derzeit um 20% gegenüber dem Vergleichszeitraum des letzten Jahres: Erdbaumaschinen Plus 24 %, Straßenbaumaschinen Plus 16 %, Hochbaumaschinen Plus von 18%. Diese positive Entwicklung im Jahresverlauf hat überrascht.
Deutscher Markt läuft stark Der deutsche Baumaschinenmarkt hat sich stark entwickelt. Heute werden in Deutschland so viele Baumaschinen abgesetzt wie im Rekordjahr 2007. Nach einem Wachstum von 20% im letzten Jahr wird es in diesem Jahr einen flachen Verlauf geben. „Wir sind an einem Punkt, wo sich normalerweise der Markt dreht. Eine nächste Krise erwarten wir jedoch nicht“, sagte Sailer, denn die Rahmenbedingungen seien heute andere als 2007. Die Kunden haben viel Arbeit, die Hersteller erschließen neue Kundensegmente, wie beispielsweise im stetig wachsenden Galabau und auch der eh schon starke deutsche Vermietmarkt wächst weiter. Darüber hinaus können Maschinen heute problemlos auch in andere Märkte abfließen.
Weltmarkt verlangt nach Baumaschinen
Die Märkte in Europa befinden sich in einem stabilen Zustand. Der europäische Markt wird 2017 im zweistelligen Bereich wachsen. Länder, die in den letzten Jahren problematisch waren, wie Italien, Spanien oder Osteuropa entwickeln sich überdurchschnittlich gut. Insofern gleicht sich das Niveau über Europa hinweg wieder an. Weltweit wachsen alle Märkte außer Brasilien und der Nahe und Mittlere Osten, jedoch unterschiedlich stark. Russland, Indien und China sind Beispiele dafür wie sich die Volatilität erhöht hat: nach starkem Rückgang wächst der chinesische Markt nach relativ kurzer Zeit jetzt wieder exorbitant, in manchen Produktgruppen derzeit über 50%. Das Gegenbeispiel ist Brasilien mit seinen hausgemachten Problemen. Der nordamerikanische Markt läuft normal und ist derzeit mit leicht 5% im Plus. „Die Trump Euphorie, wie sie noch auf der Conexpo zu spüren war, ist aber weg“, sagte Sailer.
Baustoffanlagen erholen sich nur langsam
Das Spektrum der Baustoffanlagen reicht von der Solarglasanlage bis zur Zementfabrik, eine echte Baustoffanlagenkonjunktur gibt es deshalb nicht. Der Auftragseingang liegt hier in den ersten 8 Monaten bei minus 8%. „Was schlecht klingt, ist eher positiv zu sehen“, sagte Sailer. „Wir vergleichen uns mit 2016, wo es im Frühjahr den Sondereffekt gab, dass Einzelaufträge die Branche massiv gepusht hatten“. Anders gesagt, dass es nur 8% sind, zeigt, dass es der Branche in der Breite bessergeht. Die Hersteller gehen davon aus, dass 2018 noch einmal deutlich besser werden wird. Die USA sind der derzeit größte Absatzmarkt für Baustoffanlagen aus Deutschland, gefolgt von China und Russland.
Fokus Kanada
Der Branchenverband richtet seinen Blick verstärkt auf Kanada, dem Partnerland der bauma 2019. Sailer betonte, dass das im September in Kraft getretene Handelsabkommen CETA gut sei für europäische Unternehmen und ein wichtiges Zeichen gegen Abschottung und für offene Märkte. Die Unternehmen versprechen sich deutliche Handelserleichterungen durch den Zollabbau und die vereinbarte Zusammenarbeit bei der technischen Regulierung und damit mehr Wettbewerbsfähigkeit. Kanada ist für die Bau- und Baustoffmaschinenindustrie eher ein Mainstream-Markt. Das rohstoffreiche Land zählt zu den 10 wichtigsten Märkten für die Branche. Viele deutsche Hersteller bearbeiten den kanadischen Markt als Bestandteil ihrer USA-Strategie. Trotzdem erreichen die direkten Exporte von Deutschland nach Kanada Jahr für Jahr Größenordnungen wie solche nach Mexiko und Brasilien oder nach Italien. Im vergangenen Jahr wurden Bau- und Baustoffmaschinen im Wert von 106 Millionen Euro nach Kanada exportiert. „Wir wollen, dass alle wichtigen kanadischen Baufirmen und Vermieter nicht hauptsächlich auf der Conexpo in Las Vegas aufschlagen, sondern zur Weltmesse der Branche, der bauma, nach München kommen“, formulierte er das mit dem bauma Partnerland-Konzept verfolgte Ziel.